Die Rotmäntele
Noch eine kleine Sage ist hier da, die man ebenfalls an verschiedenen Orten ähnlich hört, die Sage von den Rotmäntele.
In der „Halde“ oberhalb von Schlat beim Fuchseckhof hielten sich ehemals kleine Erdmännle auf, die nachts die „Lichtstuben“ besuchten und sich mit den Spinnerinnen unterhielten. Man wußte nicht, wie sie hießen. Weil sie immer rote Mäntelchen an hatten, so haben die Burschen ihnen den Namen „Rotmäntele“ gegeben Wenn sie nach den Lichtstuben fortgingen, sangen sie gewöhnlich. Da schlichen ihnen die Schlater Burschen eines Abends nach und hörten folgende Worte, die die kleinen Männlein miteinander sangen: „Daß des mein Schatz nit weiß, daß ich San-Nefle heiß!“
Als die Männlein wieder in eine Lichtstube kamen, wurden sie von den Burschen mit diesem Vers so geneckt und geärgert, daß sie nicht mehr in den Ort kamen.
Diese Erdmännle gelten allgemein als gutmütige, dem Menschen freundlich gesinnte Wesen. Sie waren immer dienstbereit und weilten gern bei den Menschen, vorausgesetzt, daß man sie gut behandelte. Andernfalls zogen sie sich zurück und ließen sich nicht mehr sehen.
Der Fuchseckschäfer
Ein hoher Vorsprung der schwäbischen Alb mit weiter, schöner Aussicht, zwischen den Dörfern Schlat und Auendorf gelegen, heißt „Fuchseck“. An die obere Kuppe des Berges lehnt sich der Fuchseckhof. Auf diesem Hof lebte in alten Zeiten einmal ein Schäfer (s. bei Fuchseckhof, der Verfasser), der konnte seine Schafe in Mucken (Fliegen) verwandeln und ließ sie dann in die Ebene von Schlat hinabfliegen, daß sie daselbst die Felder und Wiesen abweideten. Zur Strafe dafür muß dieser Schäfer seit vielen hundert Jahren noch immer schweben. Man sieht ihn alljährlich um Bartholomäi, oft acht Tage lang, am Fuchseck und auf den Wiesen von Schlat mit einer Herde von 500 bis 600 Schafen. Er steht dann da im weißen Zwillich-kittel und hat einen dreieckigen Bauernhut auf; ein weißer Hund mit schwarzem Kopf sitzt neben ihm. Das ist der alte „Fuchseckschäfer“, den jedermann in Schlat
kennt und schon oft gesehen hat. Geht man aber zu den Schafen näher hin, so sind es lauter Mucken, vor denen man sich kaum bergen kann. – So sagte einmal ein Bauer zu einem Gassenbuben, als eben der Fuchseckschäfer mit Hund und Herde sich wieder sehen ließ: „Lauf doch und hol mir ein Schaf da herunter!“ und als nun der Bube hinsprang, drangen ganze Schwärme von „Mucken“ auf ihn ein, so daß er eilig zurücklief und recht tüchtig ausgelacht wurde. (Mündlich aus
Schlat.)
Die Schafherde mit dem weißen Schäfer und dem weißen Hund, die man alljährlich auf der Fuchseck und auf den Schlater Wiesen sieht, ist wohl ursprünglich nichts anderes gewesen als der erste Schnee, der auf der Höhe liegenblieb, wenn’s im Tale unten regnete. Sah man genauer nach der weißen Herde, dann löste sich das Rätsel in ein Schneegestöber auf: die Mucken (Schneeflocken) flogen einem ins Gesicht. Daß die Geschichte schon um Bartholomäi herum gespielt haben soll, ist wohl eine Vorverlegung aus späterer Zeit, die den Sinn der Sage verloren hatte.
Bartholomäi spielt in der Schafhalterei von jeher eine Rolle. Es fanden an diesem Tage Hammeltänze, Schafmärkte, Schäferläufe u. dgl. statt. Daher lag es nahe, die Sage vom Fuchseckschäfer ebenfalls in die Zeit um Bartholomäi zu verlegen.
Ursprünglich aber bedeutete sie den Winteranfang. Wenn sich erst einmal der Fuchseckschäfer gezeigt hatte, dann ging das Jahr rasch seinem Ende entgegen, und unsere Vorfahren trafen ihre Vorbereitungen auf das Julfest, wie wir uns auf das Christfest vorbereiten.
Illig führt auf Seite 101 ff. seines Buches weiter aus:
Zur Sage vom Fuchseck- oder Muckenschäfer. Da auf eine durch den „Hohen-staufen“ an die Einwohner von Schlat gerichtete Bitte um Mitteilung von Tat-sachen, die als Unterlage zur Deutung der Sage vom Muckenschäfer dienen können, keine Antwort einging, mußte angenommen werden, daß dem jetzigen Geschlecht keine Tatsachen mehr bekannt sind. Infolgedessen lag es nahe, einen mythologischen Ursprung zu vermuten und die heute noch an einigen Orten als Heumucken bezeichneten Schneeflocken, in denen unsere heidnischen Vorfahren elfische Wesen erblickten, zur Deutung der Sage von dem weißen Schäfer mit dem weißen Hund und der aus 500-600 Schafen bestehenden Herde heranzuziehen.
Inzwischen sind nun aber von Schlat einige Mitteilungen eingegangen, die zwar die Sage nicht restlos aufklären, aber doch zeigen, wie sie vom heutigen Geschlecht gedeutet wird. In der ältesten noch bekannten Fassung von 1844 ist nicht von Mücken die Rede, sondern von Raben. Ernst Meier erwähnt die Sage in der heutigen Form erstmals im Jahr 1852 in „Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben“. Damals wußte man sich zweifelsohne die Erscheinung, „die in Schlat jedermann kennt“
6, dort nicht auf natürliche Weise zu erklären, sonst hätte Meier
sicher eine solche Erklärung beigefügt. Auch im Jahre 1865 erlebte man die Geschichte vom Muckenschäfer noch wie eine altersgraue Geistergeschichte. So erzählte mir eine 76 Jahre alte, in Schlat geborene, aber in Göppingen verheiratete Frau V., daß sie im Alter von 15—16 Jahren den Muckenschäfer gesehen habe.
Sie sei mit ihrer Mutter aufs Feld gegangen und etwa 1½ Viertelstunden von Schlat entfernt gewesen, als ihre Mutter plötzlich ausrief: „Da ist der Mucken-schäfer!“ Auf ihre Frage, wo er denn sei, habe die Mutter nach einer bestimmten Richtung gedeutet. In dieser Richtung sei sie dann einige Schritte gegangen und plötzlich in eine Schar Mucken geraten, die sie tüchtig gestochen hätten. Es seien keine Schnaken, sondern schwarze Fliegen gewesen. Sie sei dann rasch wieder umgekehrt und habe sich neben ihrer Mutter noch einmal umgedreht, um nach dem Muckenschwarm zu sehen, da sei plötzlich der Fuchseckschäfer an der genannten Stelle gestanden und sie habe ihn aus wenigen Schritten Entfernung sehen können.
Er habe einen Hut mit breitem Rand aufgehabt und habe sich auf seine Schippe gestützt. Seine Gestalt sei klein und schmal gewesen, namentlich die Brust, und sein Gesichtsausdruck sehr ernst und scharf. Der Hund sei neben dem Schäfer gelegen, welche Farbe er gehabt habe, könne sie nicht sagen. Die Schafherde habe wie eine gewöhnliche Schafherde ausgesehen. Die Erscheinung sei in der zweiten Hälfte des August erfolgt. Zu jener Zeit hätten fast alle Leute in Schlat den Muckenschäfer schon gesehen gehabt. Man habe erzählt, daß er der Geist eines verstorbenen Schäfers sei, der auf der Fuchseck gewohnt habe und ein sehr schlechter Mensch gewesen sei. Wenn auch der Fuchseckhof erst im Jahre 1808 erbaut worden sei, so seien doch zuvor an der Stelle einige Hütten gestanden.
In neuerer Zeit erklärt man sich in Schlat den Muckenschäfer mit dem Hochzeitsflug der Ameisen. So berichtet Hans Sihler von Schlat: „Ich habe vor etwa 20 Jahren den Fuchseckschäfer (in Schlat einfach „Muckenschäfer“ genannt) zwei Jabre hintereinander gesehen, und zwar immer im August. Ich sollte auf einem Acker bei der Steige (Gairenhof) etwas arbeiten. Wie ich an den letzten Häusern von Schlat lief, sah ich, wie die Leute zusammenliefen und sich erregt unterhielten und in Richtung ,Eichelberg‘ zeigten. Um meine Neugierde zu befriedigen, lief ich so schnell wie ich konnte. In der Gegend des letzten Hauses von Schlat (Steigbauer) sah ich den Muckenschäfer, und zwar ganz deutlich, wie sie ihn beschreiben, nur etwa 100 Schafe. Seinen Hund sah ich nicht. Er zog vom ,Eichelberg‘ zur ,Kapf‘ (an der Straße nach Eschenbach) hin. Als ich dann in die Gegend der ,Kapf‘ kam, war alles schwarz mit Mücken. In der Nähe konnte man auch keinen Schäfer erkennen. Seitdem habe ich ihn nie mehr gesehen. Ich habe mir schon öfters den Kopf zerbrochen, auf welche Art und Weise die Form des Muckenschäfers ent-steht. Obwohl ich schon bei allen alten Leuten war, um der Entstehung dieser Sage auf den Grund zu kommen, fand ich nichts Greifbares. Ich stelle mir die Sache als eine Brautfahrt der fliegenden Ameisen vor.
Hauptlehrer M. Maier in Uhingen, der schon wiederholt in Schlat weilte, schreibt:
„Ich hatte schon öfters Gelegenheit, den Fuchseckschäfer ‚leibhaftig‘ zu sehen, auch mir die Entstehung der Sage erzählen lassen. Ende August oder anfangs September halten bekanntlich die schwarzen Waldameisen ihren Hochzeitsflug.
Große Schwärme derselben habe ich an der Teck und sonst an unserem Albrand in dieser Zeit beobachtet. Nirgends aber in solcher Menge und eigenartiger Anordnung wie in Schlat, daß sie zu der Sage Anlaß gaben. Voraus zieht der Schä-Ter, so markant geformt, daß der runde, breitkrempige Hut mit der Schippe deutlich ausgeprägt sind; links von ihm ein großer Schäferhund.
Hinter ihm wogen die Schwärme auf und ab und es gehört nicht viel Phantasie dazu, um darin 40 bis 50 Schafe zu zählen. Der Sobwarm kommt stets aus der Richtung von Eschenbach her und zieht am Abhang des Fuchseckberges über dem Wald dahin bis zum Gairenbof. In dem Wald beim genannten Hof senkt sich der Schwarm immer tiefer and die Ameisen fallen zu Boden. Damit ist der Hochzeitsflug beendet und der „Muckenschäfer“, wie diese Erscheinung in Schlat auch genannt wird, hat wieder ein Jahr lang seine Rube gefunden. Die Sage wird in Schlat so erzählt, wie sie auch in den Sagen und Geschichten aus Württemberg‘ dargestellt ist. Eine andere Darstellung habe ich von alten Leuten in Schlat nicht finden können.“ Baumschulbesitzer J. Weiß in Schlat, der jetzt 63 Jahre alt ist, hat den Mucken-schäfer etwa sechsmal gesehen, letztmals im Jahre 1917 oder 1918. Er faßt seine Beobachtungen wie folgt zusammen: „Der Muckenschäfer erscheint in der Zeit vom 16. bis 24. August von 3 oder 3½ bis 5 Ubr nachmittags, aber nur wenn die Sonne scheint, doch kann man die Erscheinung nicht jedes Jahr beobachten. Von
ang au riche at i in des her man gem briten der sedöslichen Ab.
Weingärten, Erlenwiese, Weberhalde, Gerlachwiesen, Oberes Lauch bis Hopfen-garten unter der weißen Mauer am Fuchseckberg. Wenn man ihn dort sehen will, muß man sich an der Reichenbacher Straße aufstellen, vom Rathaus an bis an die Steig, noch etwa 200 Meter vom Reservoir an aufwärts. Noch besser ist es, wenn man sich auf der Westseite des Schlater Baches aufstellt, da ist man näher dabei, oder wenn man von Schlat aus auf dem Fußweg zur Fuchseck geht. Während des Kriegs pflügte ich in den Erlenäckern, eine Frau arbeitete auf ihrem Acker in den Weingärten. Plötzlich fing ihr dreijähriges Enkelkind, das auf einem Feldweg (Schwanengasse) spielte, schrecklich zu schreien an. Die Frau lief hinzu und rief:
,Jesses, an meim Helmut ist der Muckenschäfer. Sie scheuchte dann mit der Schürze die Mucken von dem Kind, so gut es ging. Die Mückenschwärme kamen von Norden und sahen im Schein der Sonne aus wie Schafe, ganz weiß. In endLosem Zug wogten die Mucken milliardenweise wie Wolken langsam über den Eichelberg herüber auf die Erlenwiesen und die Weberhalde herein, und es dauerte über eine Stunde, bis sie sich alle nach dem Gairenhofe hin verzogen hatten. Es waren längliche, schwarze Mücken, ähnlich den kleinen Wespen, welche in den Wegen zuweilen kleine Staubhäufchen aufwerfen. Aus der Ferne gesehen sahen die Züge aus wie eine Schafherde; einen Schäfer mit Hund sah ich aber nicht. In der Nähe sah man nur das Gewoge der Mückenmassen und ich hatte nur zu tun, daß meine Kühe nicht Reißaus nahmen.“
In den 80er Jahren, etwa 1885, sah man die Züge sechs Tage lang. Drei Tage zogen sie von Norden nach Süden, die folgenden drei Tage in umgekehrter Richtung. Sie hielten immer die gleiche Zeit und die gleiche Bahn ein und scheinen den Schatten zu meiden, auch scheint die Stellung der Sonne (½4 bis 1/26 Uhr in der zweiten Hälfte des August) dabei eine Rolle zu spielen. Der Vergleich mit einer Schafherde drängte sich von selbst auf. Da in Schlat die Schafzucht von jeher eine große Rolle gespielt hat, ist es begreiflich, wenn sich die Gemüter viel mit den Schäfern beschäftigten, im guten wie im bösen Sinn, so daß schließlich auch aus dem Mucken-schäfer eine Geistergeschichte werden konnte.
Ich gebe diese Mitteilungen so wieder, wie sie mir zugegangen sind. Es ist außer Zweifel, daß der Mucken- oder Fuchseckschäfer, wie er heute verstanden wird, in dem Hochzeitsflug der Ameisen seine Erklärung findet. Ob das von jeher so war oder ob die Sage ursprünglich einen anderen Inhalt hatte, der sich später mit dem auffälligen Ameisenflügen verband, ist heute nicht mehr festzustellen.
Zu dieser vorsichtigen Haltung wird man nicht bloß durch die Tatsache veranlaßt, daß die Sage im Jahr 1852 noch nicht in der heutigen Weise gedeutet wurde, sondern vor allem auch deshalb, weil wenige Jahre zuvor von Mückenschwärmen in der Sage noch gar nicht die Rede war. Die Moser’sche Oberamtsbeschreibung von 1844 spricht genauso wie Meier im Jahre 1852 nicht vom Mucken-, sondern vom Fuchs-eckschäfer und setzt überdies an die Stelle der Mucken die Raben. Mit Hilfe des Bösen habe der noch lebende Schäfer seine Schafe in Raben verwandelt und sie die Schlater Wiesen abweiden lassen, während er sich im Dorf bei einem Schoppen gütlich tat. Zur Warnung für alle Schäfer müsse er nun nach seinem Tod alljährlich oder in zwei Jahren einmal mit vielen großen und kleinen Schafen bald höher und bald tiefer über jenen Stellen, die er verdorben, in der Luft schweben.
Der vom Fuchseckhof stammende Sanitätsrat Dr. Schwarzenhölzer erzählte dem Verfasser noch, daß er selbst den Fuchseckschäfer zwar nie gesehen, aber in seiner Jugend viel von ihm gehört habe. Man habe damals erzählt, er müsse so lange schweben, bis er ganz weiß sei. Dann sei er erlöst und brauche nicht mehr auf der Erde zu erscheinen. Inzwischen sei er anscheinend weiß geworden, zeige sich aber immer noch.
Soweit, was Illig über den Fuchseckschäfer schreibt, und darin ist ja auch enthalten, was Moser 1844 über ihn zu berichten weiß.
Die Geschichte vom Fuchseckschäfer ist übrigens auch in einem Buch des Heimat-schriftstellers Hans Reyhing, „Die Stunde ist da“
‚, verzeichnet. Darin sucht ein
junger Mann das Mädchen, das er liebt, von dem er aber nur den Vornamen weiß und davon Kenntnis hat, daß in ihrem Heimatstädtchen an der Uhr steht: „Die Stunde ist da“. Er besucht deshalb alle württembergischen Städte, um die Geliebte zu finden. Auf diesen Wanderungen begegnet er immer wieder einer markanten Persönlichkeit, „dem Schäfer von Schlat“.
Auch dessen Familienangehörige kommen mit ihm in Verbindung. Einmal macht er sogar einen Besuch in Schlat, ist erstaunt über die große Schafhaltung hier und den blühenden Obstbau. Bei diesem Besuch erzählt ihm „die Ahne“ im Schäferhaus, die angibt, im Revolutionsjahr 1848 wegen der Franzosengefahr in einem Pferchkarren auf der Fuchseck geboren worden zu sein, auch die Sage vom Fuchseckschäfer. Sie sagt auch, sie habe eine Tochter im Elsaß in Reichenweiher verheiratet.
Weil ich das Schäferhaus in Schlat nach der Beschreibung nicht finden konnte, auch von keiner Frau wußte, die im Pferchkarren auf die Welt gekommen sein soll, ferner mir nichts von Schlatern bekannt war, die in Reichenweiher lebten, erkundigte ich mich beim Verfasser des Buches, was hier gelte. Da stellte sich heraus, er sei einmal auf einer Wanderung in Schlat gewesen, und der Ort mit seinem Obstbau habe ihm sehr gefallen. Auch sei ihm von der frühen Schafhaltung viel erzählt worden und das alles habe ihn angeregt, dies alles in dichterischer Freiheit zu gestalten.
Das Pelzweible
Auch um die Burg Rommental rankt sich eine Sage, die in zwei bzw. drei ver-
schiedenen Fassungen zu lesen ist.
Hören wir wieder, wie Illig in seinem 1. Bd.
S. 70/71 diese Sage erzählt: An die Gattin Wodans, Frija oder Freia, in manchen Gegenden auch Frau Gode, Frau Harke, Frau Holda oder Hulda und Frau Berchta genannt, erinnert die folgende Sage:
Nahe bei dem Hofe Rommental, eine Viertelstunde östlich von Schlat, liegen auf einer Anhöhe die Ruinen der alten Burg Rommental. Den Platz nennt man gewöhnlich „Pelzbuckel“, weil das „Pelzweible“ darin haust und einen ungeheuren Schatz hütet. Eine Vertiefung, in welcher man schon nach Gold gegraben, heißt das „Pelzweiblesloch“ !
Ein früherer Amtmann aus Süßen hätte das Pelzweible erlösen und den Schatz
heben können, wenn er mutiger gewesen wäre. Das Pelzweible erschien ihm in weißer Kleidung und eröffnete ihm, daß er im Stande sei, sie zu erlösen. Sie werde das erste Mal als Schlange, das zweite Mal als feuriger Pudel sich zeigen; dann solle er die Tiere jedesmal mit einer Rute berühren und sich nur nicht fürchten. Das versprach er ihr denn auch und bestand die erste Probe ganz gut.
Als aber bei der zweiten Probe der feurige Pudel auf ihn zukam, erschrak er so sehr, daß er entfloh und sich eiligst auf sein Pferd warf und davonjagte. Der feurige Pudel soll ihm noch eine ganze Strecke weit gefolgt sein und sich dem Pferde an den Schweif gehängt haben.
(Mündlich aus Schlat)
Das Pelzweible ist das Gegenstück vom Pelzmärte oder Pelzmichel. Wenn der Pelzmärte den Wodan darstellt, so das Pelzweible dessen Gemahlin. Bei den Alamannen hat Wodans Gattin im Laufe der Zeit allerlei gut schwäbische Namen bekommen, vor allem den Namen Berta und Urschel (was „Lichte Frau“, „weise Altfrau“ bedeutet). Aber wie verschieden auch die Namen sind, der Inhalt bleibt immer derselbe: ein in der Regel weißgekleidetes weibliches Wesen, das in einer Höhle oder Erdsenke wohnt und dort große Schätze besitzt, die von einem Pudel bewacht werden. Was vom Pelzweible in Schlat erzählt wird, hört man ähnlich auch von der Pfullinger Urschel, die im Ursulenberg ein prächtiges Schloß besitzt, in dem unermeßliche Schätze von einem feurigen Pudel bewacht werden. Die Urschel ist klein, sehr schön und zierlich und läßt sich gewöhnlich im weißen Kleid mit weißer, altertümlicher Haube und weißen Schuhen sehen.
Als zweite Fassung finden wir bei Illig 2. Bd. S. 14 f. diese Ausführung: An die Burg Rommental knüpft sich die schon erwähnte Sage vom Pelzweible, von der Dr. Engel in den Blättern des Schwäbischen Albvereins, Jahrgang 1905, Seite 313, eine Variante erzählt. Wenn man, so führt er aus, den neuen Albvereinsweg von Eislingen über den Näherhof zum Wasserberg auf dessen hinterer Seite empor-steigt, so kommt man, bevor der Weg zum Grünenberg abzweigt, am Fuße der Ruine Rommental vorbei, die ein paar hundert Schritte links oben auf einem Vorsprung ganz im Walde versteckt liegt.
Wiederum einen halben Kilometer nach jener Weggabelung führt das neugebaute Sträßchen, das den Albvereinsweg zum Wasserberg bildet, über eine Schlucht, die von Schlat zum Grünenberg in geradester Richtung emporsteigt. Sie wurde daher früher als Fußweg benützt, aber stets von den Eingesessenen mit einem gewissen Grauen betreten. Der Ort galt als nicht geheuer, denn man befand sich hier in des „Pelzweibles Klinge“ und mußte zumal in stürmischen Nächten gewärtig sein, mit jenem gespenstigen Fräulein unfreiwillige Bekanntschaft zu machen. Was die ganz alten Leute in Schlat, in Heiningen und in Unterböhringen, wo die Dame unter dem Namen „Pelzmutter“ läuft, von derselben zu erzählen wissen, ist ungefähr folgendes: Einem jungen Mann von Süßen begegnete einst in jener Schlucht das „Pelzweible“ und eröffnete ihm, daß sie eine verzauberte Prinzessin sei und einen großen Schatz demjenigen verschaffe, der den Mut habe, drei Proben zu bestehen, ohne einen Laut von sich zu geben. Der Jüngling zeigte sich bereit hiezu und stellte sich zur bezeichneten Stunde in der Schlucht ein, der Dinge wartend, die da kommen sollten. Da erschien ihm das erste Mal ein Wolf, das zweite Mal ein Bär und das dritte Mal eine Schlange, die ihn einluden, mit in ihre Höhle zu gehen, wo der Schatz begraben liege. Die beiden ersten Proben bestand der Tapfere mutig und bedauerte nur, daß er nie bis zum Anblick des Schatzes selbst kam, da die Tiere jeweils wieder verschwanden. Als aber beim dritten Gang die Pforte sich wirklich auftat, hinter der die Goldkiste verborgen lag, erschien ihm der Anblick des darauf sitzenden Drachen so greulich, daß er einen lauten Schrei ausstieß und – Pelz-weible und Geldtruhe waren verschwunden.
Mit diesem Jüngling meinte es das Pelzweible gut. Weniger gut soll sie es mit vielen Schlatern gemeint haben, und damit sind wir bei der dritten Fassung.
Kamen diese des Nachts in die Klinge und wollten heimwärts wandern, so wurden sie gerne von ihr irregetührt. Oft ließ sie die Verirrten erst morgens heimfinden.
Wir verstehen deshalb, daß die Schlater den Weg zur Nachtzeit möglichst mieden.











